2 Mai 2016

Burnout und Partnerschaft

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Was macht die Burnout-Erkrankung des Partners mit der Partnerin?

Auf den/die Nicht-Erkrankten Partner kommen spezielle Probleme zu. Sie landen in der PflegerInnen-Rolle und kommen häufig selbst in die Überlastung oder müssen sich distanzieren (lernen).

Möglicherweise haben sie in der Partnerschaft schon längere Zeit eine tendenziell versorgende Rolle inne gehabt. (... weil der Partner nicht so gut auf Grenzen achtet, sich oft zu viel aufladet, oder seinen Selbstwert zu sehr über Leistung definiert...)

Vielleicht landen Sie dabei  in der Versorgerin-Rolle und verlieren dabei die partnerschaftliche Rolle aus dem Auge.Bildquelle: Quelle: Wikimedia Commons / US coast guard

Nicht-erkrankte PartnerInnen tragen das Problem mit, indem sie die Basisarbeit (und mehr) machen, das Nest warm, die Kinder versorgt und den Kühlschrank gefüllt halten. Eine Zeit lang versuchen sie alles auszugleichen, verständnisvoll zu sein, sicher auch tröstlich. Bis es auch ihnen zu viel wird. Dann dreht sich für den Erkrankten die Spirale etwas schneller nach unten .

Bildquelle: Wikimedia Commons / US coast guard

Der erschöpfte und oft auf Rückzug befindliche Partner versucht sein sinkendes Schiff  zu retten. Zu müde für Zärtlichkeit, zu abgearbeitet für ein partnerschaftliches Gespräch. No Sex.

Die Helferin fühlt und leidet mit. Sie entkommt der Belastung nicht und sucht irgendwann nach (externen) Lösungen. Nicht selten ruft sie für den Erkrankten beim Therapeuten an, weil Sie früher erkannt hat, dass Hilfe benötigt wird. An sich eine gesunde Reaktion.

Der|die Erkrankte ist jetzt vielleicht noch damit beschäftigt, seine|ihre Symptome vor sich selbst zu verbergen. "Nein: ich doch nicht!" Damit wird auch für den Helfenden die Lage schwieriger. Hilflose Gefühle befallen den/die HelferIn. Was ist besser: Warten bis es endlich „kracht“ oder Druck machen, dass Hilfe angenommen werden kann?

Was kann den HelferInnen  geraten werden?

Besondere Achtsamkeit auf die eigenen Grenzen | eventuell selbst Hilfe suchen. Bitte nicht mißverstehen - aber je mehr Unterstützung Sie weiterhin bieten, desto mehr kann sich das Problem stabilisieren. Ein Dilemma. Dann wirkt Ihre Hilfe paradox und verlängert das Leid | stattdessen: Gespräch – Gespräch – Gespräch.

Bleiben Sie in Verbindung und bestehen Sie auf der Beziehung.

Dies kann für den Erkrankten ein wichtiger Anker sein. Möglicherweise wird er es in der Situation nur als zusätzliche Anforderung verstehen und sich darüber beschweren. "Du willst auch noch was von mir!" Antwort: "Genau, ... ich will auch noch was von dir!" Hier winkt bereits eine mögliche Lösung, denn viel schlimmer wäre es, wenn SIE nichts mehr von IHM will. Oder umgekehrt.

Eine Beziehung hat mehr Zukunft als ein austauschbarer Job in einer rücksichtslosen Arbeitswelt, in der (fast) nichts mehr Bestand hat.

 

Hat der Erschöpfungszustand eines Partners | Partnerin etwas mit der Beziehung zu tun?

Kann Mann/Frau sich durch die Partnerschaft erschöpfen? Ja. Es ist dabei jedoch nicht von einem Burnout zu sprechen. Häufig sind es die Partnerinnen, die sich an den Bemühungen um den Partner regelrecht abarbeiten. Mögliche Gründe dafür sind:

  • Schweigen und emotionales Verschlossensein
  • Wiederholte Untreue oder anderes kränkendes Verhalten
  • Gewalt, Machtmißbrauch, Angst verursachendes Verhalten
  • Abwendung von der Beziehung durch zu viel Arbeit (das ist ein Wiedersehen mit der Burnoutthematik)
  • Auseinanderleben, fehlende Kommunikation, Entwicklung in zu unterschiedliche Richtungen
  • Nicht aufgelöste biografische Themen, Eigenentwicklung „steckt“ fest, Hilfe wird verweigert
  • Überlastung, wirtschaftliche Not, Schicksalsschläge
  • es gibt belastende Beziehungskonstellationen, dies gehört in einer Paartherapie bearbeitet.
  • Vermeidung von Nähe und Sexualität (kann verschiedene Gründe haben)

Alles genannte wird anstrengend sein, entmutigend, verletzend und belastend sowieso. Es muss jedoch nicht im Burnout enden.

 

Wie Arbeit uns "tröstet"

Wie können ungelöste partnerschaftliche Konflikte den/die Überarbeiteten in noch mehr Arbeitenwollen hineintreiben?

Eine Beziehung ist ein Wagnis, das von zwei Beteiligten bestimmt wird. Manches braucht Zeit, manches hängt von der Entwicklung des Gegenüber ab. Mit einem Wort, eine unkontrollierbare Sache. Wenn der belastende Aufgabenteil zu lange dauert, wenn es Rückfälle oder Wiederholungsschleifen gibt – steigt die Frustration. Der Selbstwert ist dabei im Sinkflug.

Arbeit jedoch gibt Selbstbestätigung, sorgt für Distanz vom Problembereich Zuhause, sie lohnt sich, ist weniger emotional, sie bringt Außenkontakte und sie befriedigt. Außerdem erleben wir uns in Arbeitsbelangen selbstwirksam, kreativ und mächtig (im Sinne von Machen) statt hilflos. Was also liegt näher, diesen „Notausgang“ verstärkt zu nutzen.

Facit

Es bleibt wieder einmal alles beim Alten. Reden, Reden und nochmals Reden. Wichtige emotionale Bedürfnisse können nicht mit Überstunden | Leistung | Pflichterfüllung | Statussymbolen gestillt werden. Die Probleme gehören von einander entflochten. Das Paar sollte Klartext reden und einmal den status ihrer Beziehung ansprechen. Die Erschöpfung nicht mehr beschönigen und stabilisieren, sondern offenlegen. Wenn die Beziehung vor der Bauchlandung steht, hilft die Paartherapie oder Psychotherapie weiter. Für Erschöpfte braucht es Entlastung, Verletzte müssen umgehend gut versorgt werden. Von alleine geht das nicht vorbei. Es herrscht Handlungsbedarf.

An dieser Stelle wünsche ich allen Betroffenen ein Gutes Gelingen, Mut und vor allem Kraft!

Martin Geiger

 

PS: Haben Sie noch Fragen zu Burnout - dann empfehle ich den Besuch meiner Themenwebsite "alleszuviel.at" zu Erschöpfung, Burnout & Co