30 Mär 2018

Erotik-Chat als Beziehungsproblem

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 Bild: ein Pc Bildschirm und Tastatur, etwas verschwommenImmer häufiger gibt es Anfragen zum Problem, dass ein Partner | Partnerin erotische Außenkontakte über chat, live-stream oder ähnliche Dienste sucht. Vielleicht werden dabei  auch erotische Bilder gesendet u. empfangen, das nennt man sexting. In einer Liebesbeziehung kann sich dadurch einer der Partner gestört | verletzt  | enttäuscht fühlen.

  • Meist geschieht es heimlich - das bringt ein grundsätzliches Vertrauensproblem.
  • Falls er/sie dabei erwischt worden ist und sich dieses Verhalten wiederholt, bedeutet das Fehler Nr. 2.
  • Schließlich kommt es zu Fehler Nr.3: Es gibt kein gutes Gespräch darüber. Der/die PartnerIn der/die sich davon gestört fühlt wird noch dazu als zu wenig vertrauensvoll, kleinlich oder bevormundend dargestellt. -->Was mit gutem Gespräch gemeint ist

 

Fragen an alle Erotik-Schreibenden

Was zieht Sie an Außenkontakten an? Welche Gefühle können damit erzeugt werden, die es in Ihren Beziehungen anscheinend nicht gibt? Wie könnte das exklusiv mit Ihren PartnerInnen gehen? Was macht Ihre chat-Gewohnheit mit der Partnerin - bemerken Sie etwas? Nehmen Sie es ernst? Wie könnte es gelingen, Ihre Wünsche zukünftig offen(er) zu äußern? Was könnte das für eine spannende neue Phase in Ihrer Beziehung werden?

In Paarbeziehungen gibt es meist einen Zeitpunkt, an dem das Paar seine Beziehung "offiziell" macht. Seit ... sind wir zusammen! Alle dürfen das wissen. Damit entsteht eine Art Bündnis, wie ein Vertrag.

Wie leben wir die Beziehung, wer gehört aller dazu, wo, wie oft sehen wir uns, wie passt unser Eigenleben in die neue Konstruktion. Wie haben FreundInnen Platz darin, welcher Abstand zu den Eltern wird eingenommen. Viele Parameter sind zu klären, je nach Alter, Lebensabschnitt und Situation. Auch die Frage, wer nicht in die nähere partnerschaftliche Beziehung gehört wird geklärt. (z.B. die ExpartnerInnen, die Nachbarn etc.)

Eine Urlaubsbeziehung wird anders definiert sein, als eine Fernbeziehung oder eine geheime Affaire. Ein junges SchülerInnenpaar definiert Liebesbeziehung auch anders als zwei Mitdreißiger, die ans Hausbauen oder an Kinderwunsch denken. Selbst Paare, die polyamorös leben haben (hoffentlich) klare Regeln.

Zu Nr. 1

Es wäre gut, wenn erotische Außenkontakte (gleich ob real oder virtuell) besprochen werden und entweder in die Beziehung als gemeinsam erlaubte anregende "Spielwiese" mit hineingenommen oder eben ausgeschlossen werden. Besprechen Sie das und treffen Sie dazu auch eine klare Vereinbarung, die für beide Seiten passt bzw. einhaltbar ist.

Zu Nr.2

Alles war stört oder verletzt hat in einer Beziehung oberste Priorität. Es gehört bereinigt, sonst kommt es bei Wiederholung langfristig zu einer Störung und Zerstörung der Beziehung. Ob es erotische Außenkontakte sind, unangenehme Gewohnheiten oder anderes verletzende Verhalten - die Partner haben ein Recht auf Schutz vor Verletzung und auf die Sicherheit eines guten Miteinander. Manche empfinden dabei die Zweisamkeit, also die Exklusivität als wichtige Basis. Nur ich bin dir so nahe und nur du sollst mir so nahe sein.

Zu Nr. 3

Ein offenes Gespräch steht immer dann an, wenn ein Partner sich gekränkt, verärgert, unverstanden ... fühlt. Durch heimliche virtuelle Erotik Kontakte kann Zweifel über die Exklusivität der Beziehung entstehen, Unsicherheit über das eigene Geliebtsein,das körperliche Aussehen, die sexuelle Anziehungskraft. Das sollte offen besprochen und die PartnerInnen nicht ihren Phantasien überlassen werden.

Sehr oft schwingt in den Anfragen die Unsicherheit des gekränkten Partners mit, ob er/sie mit seinen (verletzten) Gefühl überhaupt Recht hat. Ja! Immer. Es fühlt sich nicht gut an, ich weiß nicht warum er/sie das macht, ich hab klar gesagt, es stört mich.

Tun Sie sich den Gefallen und nehmen Sie Ihre Gefühle und Bedürfnisse ernst. Riskieren Sie es, dass dabei auch Widersprüche erkennbar werden. Zeigen Sie Ihr sexuelles Profil und es kann ein spannendes neues gemeinsames Kapitel beginnen.

 

Etwas Geduld mit dem Frühlingsbeginn und viele spannende Stunden zu zweit,

wünscht Martin Geiger, Psychotherapeut  | Paar- und Sexualtherapeut

 


Literaturtipp: Alle Bücher von Ulrich Clement

Gutes Gespräch: Was ich darunter verstehe mag manchen völlig selbstverständlich sein.Trotzdem: Sie nehmen sich etwa eine Stunde ausschließlich und ungestört Zeit für einander. Dabei starren Sie nicht nebenbei ins Smartphone oder einen anderen Bildschirm. Sie berichten von sich und von Ihren eigenen Gefühlen und was Sie dabei bedrückt, erfreut oder bewegt. So kommen Sie auf das Problem zu sprechen und drücken aus, was Ihnen dabei so schwierig erscheint. Sie lassen sich gegenseitig ausreden und falls Sie etwas sehr aufregt versuchen Sie, sich selbst wieder zu beruhigen. Bei Unklarheiten fragen Sie nach, statt gleich Vorwürfe zu machen. Sie achten auf eine Pause oder darauf, falls es Ihnen/Ihrem Partner genug ist. Bei Widersprüchen oder falls Sie sehr starke Unterschiede zwischen sich bemerken versuchen Sie gelassener als sonst zu bleiben. Sie sind und bleiben unterschiedliche Menschen. Kein Grund zur Aufregung, entscheidend ist nur, wie Sie mit diesem Umstand klarkommen. Oder anders gesagt, ob Ihnen neben dem Trennenden letztlich auch Verbindendes gelingt.

 

 

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