Partnerschaft in Zeiten des Urlaubs
-Achtung Urlaub
Spätestens ab Juni wird der Druck in der Arbeit stärker. Dies noch fertigstellen, das noch in die Wege leiten - weil: Die Sommerpause rückt unerbittlich näher. An den Energiereglern nochmals großzügig drehen, weil bald haben wir auch selbst Urlaub. Liste geschrieben und los geht's. Um Urlaubstage zu sparen wird bis zuletzt durchgearbeitet. Aber einmal ehrlich: Ist in Ihrer Arbeit irgendwann wirklich alles fertig?
Alljährlich wiederholt sich für viele Menschen das "Spiel". Dann entnervt nach Hause, Zähne zusammen gebissen - gereizt sein - gepackt und vielleicht gleich am nächsten Tag zum Flughafen. Auch hier wird die Geduld kräftig herausgefordert, Menschenmassen, Parkplatzsuche, Flugangst, Landung, Klimawechsel, erschöpft im Hotel gelandet. Ein Plädoyer für's Zuhausebleiben?
Weiter gehts, die Kinder wollen action, der/die PartnerIn will sich mit Ihnen endlich zu einem feinen Abendessen setzen. Oder gemeinsam den Sonnenuntergang erleben. Was wollte ich eigentlich im Urlaub noch? Wo bleibt mein's?
Das ist eine gute Frage VOR dem Urlaub. Was wird meines sein, mein Ding und was fangen wir mit einander an? Wie kann Urlaub anders gehen?
Anregungen für eine Neuinszenierung
Partner & Partnerin könnten sich rechtzeitig zusammensetzen und sich erzählen wie es ihnen beiden geht. Wie sehr sind Sie belastet und was brauchen Sie jeweils?. (Das tut der Partnerschaft in jedem Fall das ganze Jahr über gut.) Könnte es helfen, wenn der Abreise drei Entspannungstage vorausgehen - Tage zum Ankommen in der privaten Rolle? Wie ist die Arbeitsteilung der Reisevorbereitung, sind die Kinder mit eingebunden, die Haustiere versorgt? Haben Sie Lesestoff, Musik und Medien mit - damit Sie auch Stunden alleine gut mit sich verbringen können - falls z.B. Ihre PartnerIn alleine etwas unternehmen mag. Über den Urlaubsfrieden entscheidet oft eine geschickte Aufteilung der gemeinsamen und der alleinigen Zeiten.
Es bedeutet möglicherweise Überforderung wenn Sie in den Wochen davor arbeitsbedingt kaum zum Reden gekommen sind - jetzt aber plötzlich 24 Stunden auf einander bezogen sind. Es braucht Zeit, wieder Nähe entstehen zu lassen, mit gemeinsamen Erlebnissen wieder wachsen zu lassen. Slow down.
Oft treten paradoxe Reaktionen auf. Die Ruhe wird unerträglich, es gibt nichts zu tun, der Drang nach Betriebsamkeit findet kein "Zielobjekt". Sie sind gefordert, den Rollenwechsel aus der Arbeit / Haushaltsführung in die Rolle der Urlaubenden zu schaffen. Daraus können Spannungen entstehen, die Sie erst einmal in Ruhe regeln sollten. Im Urlaub kommt oft heraus, dass auch im "Beziehungshaus" einiges liegen geblieben ist und nun aufgeräumt gehört. Diese Erkenntnis bringt zunächst vielleicht Enttäuschung, weil gerade jetzt sollte alles schön sein. Ist es eh, nur fühlt es sich noch nicht so an. Nehmen Sie sich Zeit für ein klärendes Gespräch - wo steht der/die PartnerIn - wo stehen Sie - was braucht wer, alle bekommen etwas. Schaffen Sie zunächst mehr Nähe und vor allem Beruhigung.
Der Ortswechsel im Urlaub ist der wichtige Erholungsfaktor. Warum? Es werden damit Routinen unterbrochen, äußerliche und innerliche. Äußerlich ist klar, sie leben wo anders, werden vielleicht öfters essen gehen (Entlastung), haben meist weniger Haushaltsfläche zu versorgen (Entlastung 2). Es erfolgt auch eine Reduktion. Innerlich ist es wichtig, dass durch den "Bühnenwechsel" einige Denkmuster unterbrochen werden. An einem neuen Ort können Sie sich leichter selbst neu erfinden. Auch der Kreis der Sie umgebenden Personen ändert sich, vielleicht wird auch eine andere Sprache gesprochen, neuartige Reize kommen auf Sie zu. Räumlich und zeitlich werden Sie sich umorientieren und das macht einen Teil der Erholung aus - Sie lernen für begrenzte Zeit anders zu denken.
Räumliche Distanz hilft auch beim psychischen Distanzieren von alten Sorgen, beruflichen Dingen etc. Daher zahlt es sich aus, die Veränderung von Ort, Personenkreis und Lebensart für begrenzte Zeit auf sich zu nehmen. Ihr Gehirn wird es Ihnen (mit Erholtsein) danken.
Es soll auch vorkommen, dass belastete Familienmitglieder zuvor drei Tage alleine wegfahren, damit sie "herunter"kommen, sprich urlaubsbereit werden können. Oder umgekehrt an den gemeinsamen Urlaub eine Zeit der persönlichen Einkehr anhängen. Denken Sie dabei etwas flexibler und sprechen Sie über ihre Bedürfnisse. Letztlich folgt nach dem Urlaub meist eine längere Zeit, in der Sie mit dem gewonnen Erholungseffekt auskommen wollen.
Checkliste
- den Urlaub lange genug planen, Minimum 2 Wochen
- Bereits vor dem Urlaub langsamer werden, Pflichtprogramm reduzieren
- Wünsche rechtzeitig vorher austauschen - beugt späteren Vorwürfen vor
- viel kommunizieren, Vorbereitungsarbeit gut aufteilen
- lieber weniger vornehmen, dafür gemeinsam Machbares
- mit alten Gewohnheiten brechen - wenn sie immer zum gleichen Ärgernis führen
- gemeinsamen Genuss fördern und sich etwas gönnen
- Alleine-Zeiten einbauen, bevor es zu eng wird; das Bedürfnis nach "sich selbst" bedeutet nicht, den Partner oder Partnerin nicht zu mögen
- Ausreichend schlafen & wundern Sie sich nicht, wenn Sie ein paar Tage sehr viel schlafen (ein gutes Zeichen)
- Zeit für Zärtlichkeit und Sex nehmen
- neue Kontakte schließen, andere Lebensarten erforschen
- neue Orte gemeinsam erkunden
- besser reale Erfahrungen (Abenteuer) machen statt virtueller Austausch über die Erlebnisse anderer